Raum für Innovation: Toni Piskac über neue Bürowelten

Visplay: Seit über 25 Jahren widmest du dich der Gestaltung von Lebens- und Arbeitsräumen. Welche Werte und Leitprinzipien stehen dabei im Mittelpunkt deiner Arbeit?
Für mich steht partnerschaftliche Zusammenarbeit im Mittelpunkt – sowohl mit Auftraggebern als auch mit Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen. In der Komplexität heutiger Projekte ist dies absolut notwendig, um die bestmögliche Qualität zu erreichen. Darüber hinaus ist gute Zusammenarbeit eine zusätzliche Inspiration und Motivation für das Gelingen eines Projekts.
Ich bin überzeugt, dass Qualität in der Gestaltung und Materialauswahl ein wesentlicher Ansatz für Langlebigkeit und Nachhaltigkeit, aber auch eine Verantwortung für jeden Gestalter ist. Dabei ist mir Ehrlichkeit im Umgang mit Materialien besonders wichtig.



Fotos: tnpx / Labelfarm Marek Ullrich
„Mieter erwarten heute eine flexible und zeitgemäße Büroausstattung, die sich schnell an veränderte Prozesse anpassen lässt – genau diese Anforderungen bildeten die Grundlage für die Entwicklung von Omnio Office.“
Visplay: Wie bewertest du die aktuellen Entwicklungen in der Bürobranche?
Die Arbeitswelt verändert sich heute rasanter denn je, während langfristige Prognosen zunehmend unsicher sind. Deshalb müssen Bürokonzepte von Anfang an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit mitdenken, um zukunftsfähig zu bleiben.
Die Bürobranche hat sich lange Zeit an einem selbstgebauten Korsett aus Normen und Richtlinien festgehalten. Natürlich geht es immer noch darum, ergonomische Büros zu gestalten. Aber die Arbeit hat sich verändert: von der reinen Schreibtischtätigkeit hin zur interaktiven Zusammenarbeit, vom Besitzen eines Arbeitsplatzes hin zur Nutzung diverser Arbeitsmöglichkeiten in einer Office-Landschaft und vom Individuum zur vernetzten Gemeinschaft.
Visplay: Du hattest auch eine besondere Rolle in der Gestaltung von Omnio Office. Welche Aufgaben und Verantwortungen hattest du in diesem Projekt?
Omnio war im Retail bereits ein etabliertes Produkt, als wir beauftragt wurden, es für den Office-Bereich zu adaptieren und einen flexiblen Baukasten für diesen Markt zu entwickeln. Unsere Aufgabe bestand darin unsere Erfahrungen bei der Gestaltung von Arbeitswelten mit dem Knowhow des Ladenbaus zu verbinden. Die Rundrohrstütze und der Tablarrahmen bilden die Struktur, wobei der markante Y-Verbinder das Erscheinungsbild prägt.
Wir haben uns gefragt, wie man das Volumen zwischen den vier Stützen im digitalen Zeitalter nutzen kann, ohne banalen Stauraum anzubieten. Das ist uns mit der Integration von einer Vielzahl sinnvoller Funktionen gelungen. Es war nicht notwendig, ein weiteres Regal- oder Stauraumsystem auf den Markt zu bringen. Angesichts der aktuellen Herausforderungen der Immobilienbranche – kürzere Mietzeiten und steigende Baukosten – war es entscheidend, eine Lösung zu finden, die individuelle Ausbauten über die Miete hinweg wirtschaftlich tragfähig macht.
Visplay: Wie wurden die Anforderungen moderner Büros bei der Entwicklung von Omnio Office umgesetzt, und was habt ihr aus den ersten Projekten gelernt?
Mieter erwarten heute eine flexible und zeitgemäße Büroausstattung, die sich schnell an veränderte Prozesse anpassen lässt – genau diese Anforderungen bildeten die Grundlage für die Entwicklung von Omnio Office. Gesucht war ein Raumstruktursystem, das sich leicht verändern lässt, in der Lage ist, Raum visuell und akustisch zu strukturieren, und zugleich technische Funktionen wie Stromführung, Beleuchtung und Klimatisierung integriert.
Den Entwicklungsprozess starteten wir mit einer Testfläche im Visplay-Büro. Daraus sind mobile Einheiten für agile Arbeitsmethoden sowie kombinierbare statische Einheiten für die grundlegende Raumgliederung entstanden. Die ersten Erkenntnisse konnten wir direkt in die Weiterentwicklung einfließen lassen. Der entscheidende Realitätscheck kam mit dem ersten Projekt für eine innovative Softwareentwicklungsfirma in Frankfurt. Dort ließ sich mit Omnio Office sowohl die räumliche Strukturierung als auch die flexible Integration funktionaler Elemente optimal umsetzen. Sehr stolz sind wir darauf, dass wir dafür auf Anhieb den German Design Award erhalten haben.



Projekt LORENZ Life Sciences Group mit German Design Award ausgezeichnet.
Visplay: Wie gehst du bei der Planung und Gestaltung vor, von der ersten Idee bis zur Umsetzung?
Bei der Gestaltung von Büroräumen geht es uns darum, ein Umfeld zu schaffen, das sowohl funktionale Arbeitsabläufe unterstützt als auch eine Atmosphäre bietet, in der sich Menschen wohlfühlen und ihr Potenzial entfalten können. Oftmals treffen wir jedoch auf starre und uninspirierte Zellenstrukturen, die keinen Anreiz bieten, das Homeoffice zu verlassen. Deshalb entwickeln wir im engen Dialog mit den Nutzern ein maßgeschneidertes Konzept, das die zukünftige Zusammenarbeit fördert und die Bedürfnisse der Teams in den Mittelpunkt stellt.
Visplay: Und welche Erkenntnisse ergeben sich für euch aus dem Dialog mit den Nutzern?
Es ist immer eine Balance zwischen fokussierter Arbeit und Interaktion in formellen oder informellen Formaten. Dabei verschieben sich die Anforderungen immer mehr in Richtung kreativer und gemeinschaftlicher Arbeit. Unser Ziel ist es, künftige Arbeitsweisen zu verstehen und sie räumlich zu übersetzen. Dazu strukturieren wir die Flächen in Zonen unterschiedlicher Aktivitäten und ordnen die entsprechenden Raum-Werkzeuge zu. Gleichzeitig ist die Gestaltung immer eine Möglichkeit, das Unternehmen für die Menschen im Raum erlebbar und spürbar zu machen – durch den gezielten Einsatz von Farben, Materialien und Beleuchtung.

Visplay: Was hebt deiner Meinung nach Omnio Office von anderen Systemen ab?
Im Unterschied zu den meisten optisch ähnlichen Systemen ist Omnio Office kein reines Regal- oder Stauraumsystem, sondern ein flexibles Raumstruktursystem. Es ermöglicht die Organisation von Räumen, bietet visuelle und akustische Abschirmung und lässt sich einfach und intuitiv an veränderte Anforderungen anpassen. Zudem kann es technische Funktionen wie Stromführung, Beleuchtung oder Klimatisierung integrieren.
Omnio Office schafft vielseitige Nutzungsmöglichkeiten – von Organisationselementen wie Garderoben, Druckerstationen und Lockern über Visualisierungsflächen mit Monitoren, White- & Pinboards bis hin zu Kommunikations- und Rückzugsbereichen, etwa durch Stehtische, Loungezonen oder Fokusboxen.
Visplay: Was sind für dich die entscheidenden Besonderheiten von Omnio Office?
Eine wesentliche Besonderheit ist die Möglichkeit der Elektrifizierung. Durch die Kabelführung im Sockel kann man sich von den räumlichen Limitierungen lösen. In den Rundrohren kann der Strom weitergeführt und für die Einspeisung von Ladeschalen oder Beleuchtung an diversen Stellen entnommen werden. Ergänzt wird der Baukasten durch die mobilen Elemente, die mit den stehenden Einheiten korrespondieren und verbunden werden können. Ein weiterer entscheidender Vorteil ist die Wiederverwendbarkeit aller Bauteile in neuen Konstellationen, was Omnio Office nicht nur vielseitig, sondern auch besonders nachhaltig macht.



Visplay: Welche Trends und Entwicklungen siehst du in der Zukunft für Arbeitsplatzgestaltung?
Die Zukunft der Arbeitsplatzgestaltung liegt in Flexibilität und Anpassungsfähigkeit – auch an Anforderungen, die heute noch nicht absehbar sind. Arbeitsumgebungen müssen so gestaltet sein, dass sie sich schnell und unkompliziert weiterentwickeln können.
Gleichzeitig steigt der Wunsch nach Wiedererkennbarkeit und Qualität in den Flächen, um ein einladendes und inspirierendes Umfeld für die Gemeinschaft zu schaffen.

Visplay: Welche Ratschläge würdest du denen geben, die Arbeitsplatzlösungen entwickeln und planen?
Natürlich ist es immer besonders schön, wenn man ohne Limitierungen „frei“ gestalten und sehr individuelle Lösungen schaffen kann. Oftmals sind diese Konzepte aber sehr schnell datiert. Angesichts wirtschaftlicher Einschränkungen und der Unvorhersehbarkeit von Veränderungen müssen Gestalter heute Lösungen finden, die sowohl die Identität und Bedürfnisse des Unternehmens als auch der Menschen, die darin arbeiten, widerspiegeln. Gleichzeitig müssen diese Lösungen die funktionalen Anforderungen der modernen Arbeitswelt unterstützen und flexibel genug für zukünftige Veränderungen sein. Daher ist es entscheidend, sich intensiv mit den individuellen Anforderungen der Bauherren und Nutzer auseinanderzusetzen.
Visplay: An welchen Projekten wirst du in nächster Zeit arbeiten?
Wir arbeiten permanent an unterschiedlichen Office-Projekten. Künftig wird sich das Portfolio von Neubauten stärker hin zu Umbauten von Bestandsgebäuden verschieben. Wir sind dann immer Begleiter von Veränderungsprozessen in Unternehmen, bei denen neue Bedarfe in räumliche Angebote übersetzt werden. Dies ist aber nicht ausschließlich unser Portfolio. Wir beraten einige Unternehmen und gestalten Produkte. Dieses Jahr freuen wir uns besonders auf den Stapellauf eines sehr innovativen, solargetriebenen Flussbootes mit dem schönen Namen „slow“.